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Lashkar-Gah Chirurgie-Zentrum

Im Epizentrum des Afghanistankonflikts: ein Chirurgie Zentrum für Opfer eines Krieges, der in den letzten Jahren stetig eskaliert.

Im Süden Afghanistans ist die Lage in den letzten Wochen außer Kontrolle geraten. Die Provinz Helmand hat sich zur gefährlichsten Provinz des Landes entwickelt. Seit mehr als einem Jahr haben die Taliban die Kämpfe in Musa Qala, Naw Zad und Kajaki im Norden Helmands intensiviert, um die Kontrolle über die Opiumanbaugebiete zu verstärken. Gleichzeitig starteten sie eine Offensive in den Dörfern Garmsir, Nahr-e-Seraj, Nad-e-Ali und Nawae-Barakzai, um Lashkar-Gah einzukesseln.

Über 30 Prozent der Patientinnen und Patienten im Lashkar-Gah Chirugiezentrum für Kriegsopfer sind noch nicht 14 Jahre alt

Seit 2004 unterhält Emergency ein Chirurgie Zentrum für Kriegsopfer in Lashkar-Gah in der Provinz Helmland. Das nach dem italienischen Journalisten und Pazifisten Tiziano Terzani benannte Zentrum ist die einzige kostenlose Spezialeinrichtung in einem Gebiet, in dem die Kämpfe zwischen der afghanischen Nationalarmee und den Taliban, die Luftangriffe der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) und unzählige Landminen seit langem eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellen.

Seit 2015 verschärften sich die kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Provinz Helmand ist eine der unbeständigsten Provinzen des Landes. Seit mehr als zehn Jahren kämpfen die afghanische Nationalarmee und die internationalen Koalitionstruppen um die Rückeroberung der von den Taliban besetzten Gebiete. Helmand ist die Provinz, in der am meisten Opium produziert wird. Die Kriegshandlungen konzentrieren sich vor allem auf den Norden, um Musa Qala, Naw Zad und Kajaki, wo die Taliban versuchen, die Kontrolle über die Opiumproduktion zu behalten. Die Zunahme der bewaffneten Konflikte hat die medizinische Versorgung der Menschen in diesen abgelegenen Regionen massiv erschwert.

Die Sicherheitslage verschlechterte sich weiter. 2016 stieg die Zahl der Patientinnen und Patientenin unserem Chirurgiezentrum um 20 Prozent. Deshalb wurde das Zentrum erweitert, um die Bettenkapazität von 70 auf 96 zu erhöhen. Ausserdem wurde neu eine Abteilung für Physiotherapie und ein Raum für Wundversorgung geschaffen.

2017 wurden 3’961 Menschen aufgenommen; täglich wurden durchschnittlich 24 Kriegsopfer behandelt. Jeder dritte Patient war unter achtzehn Jahre alt. 
2019 wurden mehr als 1’000 Kinder aufgenommen, davon waren 260 unter fünf Jahre alt. Bis Juni 2020 hat das Zentrum seit seiner Eröffnung im Jahr 2004 171’849 ambulante Konsultationen durchgeführt, 46’747 Patienten aufgenommen und 64’179 chirurgische Eingriffe vorgenommen.

Seit 2004 hat Emergency noch nie ein solches Ausmass an Gewalt beobachtet wie im Sommer 2021. Die Zahl der Verletzten, die das Chirurgie Zentrum in Lashkar-Gah aufsuchen, nimmt ständig zu.

Das Projekt in Zahlen

Ort:

Lashkar-Gah, Provinz Helmand

Gründung:

September 2004

Betten: 

96

Einheimische Mitarbeitende:

292

Aufnahmen:

57 451

Ambulante Patienten:

229 343

Chirurgische Eingriffe

79 234

Aktivitäten:
Chirurgie für Kriegsopfer

Angebot:
Notfallstation, 2 Operationssäle, Intensivstation, Sterilisation, Krankenstationen, Physiotherapie, Radiologie, Labor und Blutbank, Apotheke, Schulungsräume, technische und andere Dienstleistungen

Zahlen vom 30. November 2022

Ein Netz von Erste-Hilfe-Posten

Um den Kranken und Verletzten sofortige Hilfe leisten zu können, haben wir sechs Erste-Hilfe-Posten den abgelegenen Gebieten in der Gegend um Lashkar-Gah eingerichtet. In diesen Einrichtungen leisten unsere einheimischen Krankenschwestern und -pfleger erste Hilfe. Wenn nötig, werden die Patientinnen und Patienten stabilisiert und mit Krankenwagen, die rund um die Uhr im Einsatz sind, in unser Chirurgie Zentrum in Lashkar-Gah gebracht.

Ausbildung lokaler Mitarbeitenden

Wie viele andere Emergency Einrichtungen hat das afghanische Gesundheitsministerium auch das Lashkar-Gah Chirurgie Zentrum offiziell als Ausbildungsstätte für Notfallchirurgie und Traumatologie anerkannt. 2017 konnten dort erstmals sechs einheimische Chirurgen ihre Ausbildung und die anschliessende Spezialisierung abschliessen.

Ein zentraler Anliegen von EMERGENCY – in all seinen medizinischen Einrichtungen – ist die enge Partnerschaft mit und die Ausbildung von lokalen medizinischen Fachkräften und Hilfspersonal. Derzeit arbeiten 283 einheimische Mitarbeitende im Chirurgie Zentrum von Lashkar-Gah.

Zivile Opfer

Die Zahl der Hilfesuchenden wächst täglich. Wir sind hier, um die Verletzten zu behandeln. Was uns begleitet ist die Hoffnung, dass die gesamte Bevölkerung von Helmand in ihre Häuser zurückkehren kann ohne Gefahr zu laufen, von einem Projektil, einer Bombe oder einer Mine verletzt zu werden – ohne das Risiko, ein weiterer «Kollateralschaden» zu werden.

Das chirurgische Zentrum von Lashkar-Gah wird in der Vice News-Dokumentation 'What We're Leaving Behind' gezeigt (2013).

Über 11 Millionen behandelte Patientinnen und Patienten seit 1994 – dank Ihrer Unterstützung!