Afghanistan: Die aktuelle Taliban Offensive führt zur Eskalation der Kämpfe in der Provinz Helmand. Viele Verletzte benötigen lebensrettende Operationen.

Die anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen führen zu einem Anstieg der Patientenzahlen im Emergency Chirurgie-Zentrum für Kriegsopfer in Lashkar-Gah.

Marco Puntin, Emergency Zuständiger für Afghanistan:

«Was wir jetzt beobachten, ist eine Veränderung in der Dynamik der Gebietskontrolle. Seit dem 1. Mai 2021 hat sich der Konflikt in fast allen Provinzen verschärft: Die heftigen Kämpfe zeigen sich deutlich in der Zahl der Patienten, die wir in unseren Krankenhäusern aufnehmen.»

Neueste Zahlen:

In Kabul hat Emergency vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2021 1‘333 kriegsbedingte Patienten aufgenommen.

In Lashkar-Gah hat Emergency vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2021 1‘594 kriegsbedingte Patienten aufgenommen.

Überall in Afghanistan kommt es zu Zusammenstößen zwischen den Regierungstruppen und den Taliban. Nachdem die Taliban mehr als die Hälfte der 400 von der Regierung kontrollierten Bezirke eingenommen haben, rücken sie nun auf Lashkar-Gah, die Hauptstadt der Provinz Helmand, vor. Die Kämpfe im Stadtzentrum verschärfen sich.

«Wir haben über Nacht und am Morgen vom Chirurgiezentrum aus Bombenangriffe gehört, dazu Handfeuerwaffen, Maschinengewehre, Scharfschützen und Artillerie»,

sagt Viktor Urosevic, medizinischer Koordinator von Emergency. 
Kürzlich äusserte sich Viktor gegenüber Al Jazeera über das Ausmaß der Schäden, die Verschlechterung der Sicherheitslage und über den Druck, unter dem das Emergency Chirurgiezentrum steht.

«Es kommen ausschliesslich Kriegsverletzte mit Minen-, Granaten- oder Schussverletzungen an. Wir müssen uns auf lebensbedrohliche Kriegsverletzungen konzentrieren, auf Patienten, die eine lebensrettende Operation benötigen. Dies, weil unser Chirurgiezentrum die Kapazitätsgrenze erreicht hat, selbst wenn wir mit vier zusätzlichen Betten nun über 98 Betten verfügen.

Allein zwischen dem 31. Juli und dem 2. August 2021 nahm Emergency 51 Patienten auf, die eine dringende Behandlung und eine größere Operation benötigten. Insgesamt 41 Patienten mit leichteren Verletzungen wurden an andere Einrichtungen überwiesen. Leider waren 14 Menschen bei ihrer Ankunft bereits tot.

Die Zeiten sind schwierig, und wir können nicht vorhersagen, was in den nächsten Stunden und Tagen geschehen wird. Die Stadt ist blockiert, die Kommunikations- und Transportwege sind unterbrochen. Inmitten dieser Auseinandersetzungen bemühen sich die Emergency Mitarbeitenden, neutral und ohne Diskriminierung medizinische und chirurgische Hilfe zu leisten. Das war und wird immer das Ziel von Emergency sein.»

© Vincenzo Metodo (Archivfoto)

Hören Sie sich das BBC-Interview an:

https://www.bbc.co.uk/sounds/play/m000ycw7

Emergency behandelt Kriegsopfer in den chirurgischen Zentren für Kriegsopfer in Lashkar-Gah und in Kabul. Die Organisation verfügt über 44 Erste-Hilfe-Stationen im ganzen Land und bietet außerdem im Panjshir-Tal medizinische und chirurgische Hilfe für Mütter, Schwangere und Mütter nach der Geburt an.

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